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Zur Erstattungsfähigkeit der Kosten von Privatgutachten

Trotz einer Vielzahl von Entscheidungen der Gerichte ist noch nicht abschließend geklärt, wann die Kosten von Privatgutachten im Prozess erstattungsfähig sind. Mit dieser Frage hat sich nunmehr das oberste deutsche Gericht beschäftigt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 8.12.2010 hierzu deutliche Worte gefunden (BVerfG v. 8. 12. 2010, 1 BvR 381/10 = IBR 2011, 371).

Auf die Berufung der Beklagten ließ das Landgericht (LG) den gerichtlichen Sachverständigen seine Gutachten erläutern und zu dem von den Beklagten vorgelegten Privatgutachten Stellung nehmen. Das LG kassierte schließlich das Urteil des AG, da der Kläger den Beweis einer Berührung der beiden in den Verkehrsunfall verwickelten PKW nicht führen konnte.

Die Festsetzung der Kosten für das von den Beklagten in den Prozess eingeführten Sachverständigengutachten wurde vom AG abgelehnt und die Beschwerde vom LG zurückgewiesen. Das LG führte dazu aus, dass Kosten für Privatgutachten nur ausnahmsweise erstattungsfähig seien. Sie komme nur dann in Betracht, wenn das im Rechtsstreit vorgelegte Gutachten den Verlauf des Rechtsstreits zu Gunsten der vorlegenden Partei beeinflusst habe. Es reiche nicht aus, um ein gerichtliches Sachverständigenurteil zu widerlegen. Da im vorliegenden Falle die Klage abgewiesen wurde, weil der gerichtlich bestellte Sachverständige den Beweis einer Kollision nicht liefern konnte, und nicht auf Grund des in den Prozess eingeführten Privatgutachtens, habe das Privatgutachten den Rechtsstreit auch nicht positiv beeinflusst und somit sei es nicht erstattungsfähig. Die Rechtsbeschwerde ließ das LG nicht zu.

Die Verfassungsbeschwerde hatte dafür Erfolg. Das BVerfG führte dazu aus, dass es in der obergerichtlichen Judikatur gerade streitig ist, ob die positive Beeinflussung des Rechtsstreits durch das eingeführte Privatgutachten Voraussetzung für die prozessuale Anerkennung der Kosten des Privatgutachtens sei. Da die Oberlandesgerichte unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Voraussetzungen zur Erstattungsfähigkeit von Privatgutachten vertreten, handele es sich bei dieser Frage um eine von allgemeinem Interesse, zu der der BGH bislang auch noch nicht Stellung genommen hat. Folglich sei es gerade keine Einzelfallentscheidung. Dem Landgericht bleibt es unbenommen, welcher Auffassung es folgt, doch muss es unter diesen Voraussetzungen eine Rechtsbeschwerde zulassen, da Rechtsbeschwerden immer dann zuzulassen sind, wenn die zu treffende Entscheidung von Entscheidungen höher- oder gleichrangiger Gerichte abweicht, in der ein und dieselbe Rechtsfrage unterschiedlich beantwortet wird.

Unser Praxistipp

Endgültige Klarheit über die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachten wird es wohl erst geben, wenn die Frage nach den Voraussetzungen zur Erstattungsfähigkeit durch den BGH beantwortet ist.

Franz M. Große-Wilde, Bonn, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht