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Schwarzarbeit/“Ohne–Rechnung–Abrede“

Die Parteien hatte zunächst einen wirksamen Werkvertrag geschlossen, im Nachhinein jedoch eine „Ohne–Rechnung–Abrede“ getroffen. Dies führte nach Auffassung des OLG Stuttgart zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages.

Die Grundproblematik der Ansprüche von Besteller und Unternehmer im Werkvertrag bei Verstößen gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) ist nach der neuerlichen Rechtsprechung des BGH mittlerweile geklärt. Danach sollen Ansprüche weder des Bestellers noch des Unternehmers bestehen, wenn der Werkvertrag in Folge eines Verstoßes gegen das SchwarzArbG nichtig ist (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 11.06.2015, VII ZR 216/14 sowie BGH-Urteil vom 10.04.2014, VII ZR 241/13).

Das OLG Stuttgart (Urteil vom 10.11.2015, 10 U 14/15) entschied jetzt, dass auch die erst nachträglich erfolgte „Ohne-Rechnung-Abrede“ zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags führe und nicht etwa lediglich zur Nichtigkeit der später getroffenen Abrede.

Während sich das OLG in den Gründen bis Rz. 42 mit einem hypothetischen Schadensersatzanspruch aus Mängelgewährleistung beschäftigt, stellt es in den Ziffern 43 ff. überzeugend dar, dass eine nachträgliche „Ohne-Rechnung-Abrede“ die Nichtigkeit des gesamten ursprünglichen Vertrags bewirkt.

Im konkreten Fall hatte sich die nachträgliche Abrede nur auf einen Teil des Architektenhonorars bezogen. Bezug nehmend auf den BGH (Urteil vom 10.04.2014, VII ZR 241/13) führt das OLG aus, dass dies nur dann zu einer Teilnichtigkeit des Vertrags führen könne, wenn „die Parteien dem zzgl. Umsatzsteuer vereinbarten Teilwerklohn konkrete, von dem Beklagten zu erbringende Teil-Leistungen zugeordnet hätten“.

Interessant sind sodann die Ausführungen des OLG zum Umstand, dass die Abrede erst nachträglich getroffen wurde. Hier setzt sich das OLG mit der teilweise (und so auch in der ersten Instanz) vertretenen Ansicht auseinander, lediglich der Abänderungsvertrag würde gegen das SchwarzArbG verstoßen und daher gemäß § 134 BGB nichtig sein. Dem tritt das OLG mit überzeugenden Argumenten entgegen:

  • Die nachträgliche Abrede gestalte den ursprünglich wirksamen Werkvertrag mit dem Inhalt um, der durch die „Ohne-Rechnung-Abrede“ gelten sollte. Die Parteien verfolgten den Zweck, den ursprünglichen Vertrag mit neuen Konditionen anzupassen.
  • In der nachträglichen Schwarzgeldabrede sei auch ein „unmittelbar auf den anfänglichen Vertrag gerichteter (Teil-)Aufhebungskonsens immanent. Somit hätten die Parteien „den Architektenvertrag insgesamt in den Anwendungsbereich des § 134 BGB geführt“.
  • Eine andere Betrachtung laufe auch dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der Bekämpfung der Schwarzarbeit zuwider. Das OLG weist hier auf die sonst bestehende Möglichkeit der Umgehung durch nachträgliche Abreden hin sowie „die Erfahrung, dass solche Vereinbarungen in der Praxis auch tatsächlich oft erst nach dem eigentlichen Vertragsschluss getroffen werden“.

Schließlich sei dem Beklagten der Einwand der Nichtigkeit des Vertrags nicht deshalb verwehrt, weil er sich dadurch treuwidrig verhalte. Jedoch sei eine „Korrektur der Nichtigkeitsfolge“ etwa möglich, wenn eine Partei zu ihrem eigenen Vorteil einseitig die Nichtigkeitsfolge herbeiführen will bzw. die Gegenseite dazu drängt.

Das OLG befindet sich damit auf einer Linie mit der neueren BGH-Rechtsprechung, indem es den Parteien auch bei nachträglicher Schwarzarbeitsabrede vertragliche Ansprüche verwehrt.

Dr. Stefan Taube, Bonn, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht