Artikel bewerten

Fiktive Abnahme trotz vereinbarter förmlicher Abnahme bei VOB/B-Vereinbarung

Das Kammergericht Berlin hat mit Urteil vom 04.04.2006 – 7 U 247/05 – ausführlich dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen eine fiktive Abnahme trotz vereinbarter förmlicher Abnahme bei einem Vertrag, in dem die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (fortan VOB/B) vereinbart wurde, in Frage kommt.

In dem vom Kammergericht entschiedenen Fall hatten die Vertragsparteien die VOB/B vereinbart und eine Abnahme durch Ingebrauchnahme ausgeschlossen.

Das Kammergericht vertritt in der Entscheidung die Auffassung, dass insbesondere dann, wenn der Auftragnehmer eine Schlussrechnung erteilt und der Auftraggeber in Kenntnis der vereinbarten förmlichen Abnahme einen Termin zur Durchführung dieser Abnahme nicht bestimmt, ein stillschweigender Verzicht auf die förmliche Abnahme angenommen werden kann.

Wie aus der Entscheidung ersichtlich ist, bestehen im Einzelfall auch Chancen, trotz vereinbarter förmlicher Abnahme in dem Fall, in dem diese nicht durchgeführt wird, eine Fälligkeit des Werklohnanspruches und zugleich auch einen Beginn der Gewährleistung herbeizuführen.

Unser Praxistipp

Sollte eine förmliche Abnahme vereinbart sein, aber nicht stattgefunden haben, kann im Einzelfall, wenn die Schlussrechnung nicht bezahlt wird, die Werklohnforderung dennoch gerichtlich geltend gemacht werden.

Um die Fiktionswirkung zu verhindern und damit einer fiktiven Abnahme entgegenzutreten, sollte auftraggeberseitig nach Erhalt der Schlussrechnung innerhalb der Frist des § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B ein Abnahmetermin benannt werden.

Darüber hinaus ist es dem Auftraggeber auch möglich, die fiktive Abnahme dadurch zu verhindern, dass ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Abnahme verweigert werde.

Rechtsanwalt Michael Brückner