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Verjährung bei Verzug und Vertragsstrafe

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (VII ZR 149/21) hatte sich im Urteil vom 19.05.2022 mit Fragen des Verjährungsrechts befassen müssen. Sämtliche Ansprüche der Erwerber waren in diesem Fall verjährt.

Der Bauunternehmer hatte sich in dem Fall verpflichtet, binnen 3 Monaten ein Einfamilienhaus bis September 2008 zu errichten. Diese Pflicht hat er nicht erfüllt, so dass der BGH zunächst festgestellt hatte, dass sich der Bauunternehmer noch 2008 gem. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Verzug befand. Lässt sich nämlich der Leistungszeitpunkt nach dem Kalender berechnen, bedarf es für den Verzugseintritt keiner gesonderten Mahnung mehr.

Tatsächlich zog sich der Baufortschritt solange hin, dass die Erwerber erst 2015 das Haus beziehen konnten. Ihre Verzugsschäden (wie Einlagerungskosten, Bereitstellungszinsen, Mietzahlungen und Nutzungsausfall) sowie die vereinbarte Vertragsstrafe haben sie mit Klage erst 2017 geltend gemacht.

Bei den Verzugsschäden lag die Besonderheit des Falles darin, dass diese zum Teil erst in den Jahren nach 2012 konkret bekannt waren und beziffert werden konnten. So endete u.a. der Nutzungsausfall erst im Zeitpunkt des Bezuges des Hauses im Jahre 2015. Nach dem BGH waren diese Verzugsschäden verjährt. Denn ein Schadensersatzanspruch entsteht grundsätzlich einheitlich auch für die erst in Zukunft entstehenden, adäquat verursachten, zurechenbaren und voraussehbaren Nachteile, sobald irgendein Teilschaden entstanden ist und gerichtlich geltend gemacht werden kann. Der Schadenseintritt bestimmt sich bei mehreren Schadensfolgen für die Zwecke des Verjährungsrechts anhand des Grundsatzes der Schadenseinheit.

Bei der Vertragsstrafe hält der BGH fest, dass diese verjährt war. Denn dieser Anspruch unterliege immer der Regelverjährung, vorliegend ist der Anspruch im Jahre 2008 entstanden. Insbesondere ist die Verjährung des Nacherfüllungsanspruches für die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung einer Vertragsstrafe ohne rechtliche Bedeutung.

Zuletzt stellt der BGH fest, dass der erklärte Rücktritt der Erwerber im Jahre 2013 zwar zu einem Abrechnungsverhältnis führt, da eine Abnahme zu keinem Zeitpunkt erklärt wurde und eine weitere Vertragsdurchführung endgültig abgelehnt wurde. Der Rücktritt habe jedoch keine Auswirkung auf den einheitlichen Lauf der Verjährung, insbesondere könne er nicht zu einem Neubeginn der Verjährung führen.

Unser Praxistipp

Der BGH weist wiederholt auf die Möglichkeit der Erhebung einer Feststellungsklage hin (vgl. BGH Urteil vom 22.02.2018 – VII ZR 253/16). Diese sei gerade für solche Fälle statthaft und die richtige Klageart, wenn der Gläubiger von der Pflichtverletzung des Schuldners Kenntnis (oder grob fahrlässige Unkenntnis) hat, jedoch die Schadenshöhe nicht bezifferbar ist. Gefährlich ist es also, wenn man zuwartet, bis alle Schadenspositionen „gesammelt“ sind und exakt beziffert werden können.

Rechtsanwalt Dr. Stefan Taube, Bonn, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht