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Bauträgervertrag: Kündigung oder Rücktritt?

Der Bauträgervertrag zeichnet sich dadurch aus, dass der Bauträger auf eigenem Grundstück ein Bauvorhaben plant und errichtet. Der Bauträgervertrag enthält stets zwei Komponenten, den Kaufvertrag über das Grundstück sowie den Werkvertrag über das Bauvorhaben, es handelt sich um einen einheitlichen notariell zu beurkundenden Vertrag.

Fraglich ist bei dieser Vertragskonstellation häufig, wie ein Erwerber bei Pflichtverletzungen des Bauträgers seine Rechte durchsetzen kann. Vor allem die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sich ein Erwerber vom Bauträgervertrag lösen kann, ist rechtlich sehr differenziert zu sehen.

Einigkeit besteht, dass dem Erwerber ein sog. „freies“ Kündigungsrecht nicht zustehen kann. Zwar sieht das Werkvertragsrecht ein solches Recht bei jedem Werkvertrag gem. § 648 BGB vor. Allerdings passt dieses Recht nicht auf das kaufvertragliche Element, denn der Kaufvertrag kennt kein Kündigungsrecht (BGH Urteil vom 21.11.1985 – VII ZR 366/83).

Unter bestimmten Voraussetzungen hat der BGH (a.a.O.) dem Erwerber ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gem. § 314 BGB zugesprochen. Bei schwerwiegender Vertragsuntreue sei es im Einzelfall gerechtfertigt, den Grundsatz der Einheitlichkeit des Bauträgervertrages zu durchbrechen. Diese Kündigung führt im Ergebnis dazu, dass der Erwerber das Grund- stück behalten kann und hinsichtlich der erbrachten Bauleistung ein Abrechnungsverhältnis entsteht.

Diese Kündigung aus wichtigem Grund dürfte für Verträge nach dem 01.01.2018 nicht mehr möglich sein. Denn mit dem neuem Bauvertragsrecht hat der Gesetzgeber mit § 650 u Abs. 2 BGB ausdrücklich die Anwendung von § 648a BGB für nicht anwendbar erklärt. Der Gesetzgeber verweist auf die Einheitlichkeit von Kauf- und Werkvertrag und deshalb sei eine Kündigung dem Bauträgervertrag „wesensfremd“.

Damit dürfte – jedenfalls für Bauträgerverträge ab dem 01.01.2018 – der Erwerber mangels Kündigungsmöglichkeit auf das Rücktrittsrecht beschränkt bleiben. Während eine Kündigung für die Zukunft wirkt, ist bei einem Rücktritt der Vertrag von Anfang an unwirksam und die erbrachten Leistungen sind wechselseitig rückabzuwickeln. Diese Rechtsfolge kann bei nach dem nach der MaBV häufig gewählten Vormerkungsmodell (alternativ zur Erfüllungsbürgschaft) immer dann zu unbilligen Ergebnissen führen, wenn der Erwerber bereits Raten gezahlt hat; denn die Vormerkung ist nach erklärtem Rücktritt zu löschen und der Erwerber ist dem vollen Insolvenzrisiko des Bauträgers ausgesetzt.

Unser Praxistipp

Der Ausschluss des Kündigungsrechts und die damit verbundene Beschränkung des Erwerbers auf das Rücktrittsrecht ist sehr problematisch. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die höchstrichterliche Rechtsprechung unbillige Ergebnisse im neuen Bauvertragsrecht löst.

Da der Bauträger gem. 650 k Abs. 3 BGB verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung machen muss, wird es häufiger im Fall von Bauablaufstörungen zu einem Verzug des Bauträgers kommen. Und steht bereits vor dem Fertigstellungstermin fest, dass die Einhaltung des Termins ausgeschlossen ist, kommt ein sog. Prognoserücktritt des Erwerbers in Betracht.

Rechtsanwalt Dr. Stefan Taube, Bonn, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht