Artikel bewerten

Erfreuliche Klarstellung: Einschränkung der gesamtschuldnerischen Haftung des bauleitenden Architekten neben dem ausführenden Unternehmen

Seit der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahre 1965 finden sich in zahlreichen Urteilen und in der Fachliteratur die Aussage, dass der bauleitende Architekt und der Unternehmer gegenüber dem Bauherrn gesamtschuldnerisch haften, wenn einerseits der Unternehmer eine mangelhafte Werkleistung erbringt und andererseits der Architekt seine vertraglichen Pflichten bei der Beaufsichtigung des Bauvorhabens verletzt hat.

Dabei wird nur allzu häufig übersehen, dass – im Gegensatz zum Unternehmer – der Architekt im Rahmen der Bauüberwachung nicht selbst Hand anzulegen hat, um dem Gewerk des Unternehmers zum Erfolg zu verhelfen, sondern dass er lediglich dafür Sorge zu tragen hat, dass der Unternehmer selbst sein Gewerk sach- und fachgerecht ausführt. Dies beinhaltet – insbesondere bei gefahrenträchtigen Gewerken – ein frühzeitiges Eingreifen, wenn schon im Zuge der Bauausführung festzustellen ist, dass durch Ausführungsfehler ein mangelhaftes Ergebnis vorprogrammiert ist; bei erst später festgestellten Mängeln hat der bauleitende Architekt dafür zu sorgen, dass der Unternehmer den Mangel beseitigt. Kommt der Unternehmer dieser Aufforderung nicht nach, hat der Architekt den Bauherrn über die weiteren Möglichkeiten der Gewährleistung/der Schadensersatzansprüche zu informieren und diese nach entsprechender Anweisung durch den Bauherrn in die Wege zu leiten; die rechtliche Durchsetzung dieser Ansprüche ist dann Sache des Bauherrn.

Unterbleibt nun eine Nachbesserung durch den Unternehmer, so liegt dies häufig daran, dass dieser in Vermögensverfall geraten ist. Was liegt in solchen Fällen näher, als den bauleitenden Architekten nun in die gesamtschuldnerische Haftung zu nehmen?

Zu dieser nahe liegenden Möglichkeit der Schadloshaltung hat das OLG Naumburg in seinem Urteil vom 29.05.2006 – 1 U 27/06 – nun zutreffend darauf hingewiesen, dass der Schadensersatzanspruch gegen den bauleitenden Architekten nur dann besteht, wenn er den Schadenseintritt bei pflichtgemäßem Verhalten hätte verhindern können. Es ist also stets zu prüfen, ob bei unverzüglichem und vertragsgemäßem Tätigwerden des Bauleiters eine Mängelbeseitigung durch den Unternehmer noch zu erwarten gewesen wäre; ist dies nicht der Fall, weil der Unternehmer damals bereits in Vermögensverfall geraten war und aus diesem Grunde nicht mehr nachbessern konnte, trifft auch den bauleitenden Architekten keine Verantwortung.

Unser Praxistipp

Soweit es um Schadensersatzansprüche gegen den bauleitenden Architekten wegen unzureichender Beaufsichtigung des Bauvorhabens geht, ist stets zu prüfen, ob nicht der eingetretene Schaden auch entstanden wäre, wenn der Bauleiter pflichtgemäß und zeitgerecht die Mängelbeseitigung angemahnt und den Bauherrn über die Möglichkeit der weiteren Gewährleistung unterrichtet hätte. Eine zutreffende Beurteilung wird am ehesten durch einen fachlich versierten Rechtsanwalt vorgenommen werden können.