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Schadenersatz bei fehlerhafter Grundlagenermittlung

Es ist anerkannt, dass der Architekt bei seiner Planung eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung schuldet. Andernfalls sieht sich der Architekt Schadenersatzansprüchen ausgesetzt, insbesondere im Rahmen der haftungsträchtigen Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung).

Mit seinem Urteil vom 10.07.2014 (Aktenzeichen VII ZR 55/13; NJW 2014, 3511 ff) hat der BGH klargestellt, dass der Architekt bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens vollständig und richtig beraten muss. Der Entscheidung liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Bauherr ein anderes als das ursprünglich gewollte Gebäude (zweigeschossige Bauweise anstatt von ihm bevorzugte eingeschossige Bauweise) planen lässt, sodann den Rohbau errichtet und diesen wiederum abreißt. Die Pflichtverletzung des Architekten bestand darin, dass dieser fälschlicherweise die zweigeschossige Variante als einzig zulässige Bebauung nannte.

Der BGH hat dem Bauherrn Schadenersatz zugesprochen. Hierzu gehören neben dem an den Architekten gezahlten Honorar und den aufgewendeten Baukosten auch die Kosten, die der Bauherr zur Beseitigung des von ihm ursprünglich nicht gewollten Gebäudes aufwendet. Ein noch nicht erfüllter Honoraranspruch des Architekten entfällt in diesem Fall.

Zu den Grundleistungen der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) gehört das Klären der Aufgabenstellung durch Abfragen und Besprechen der Wünsche, Vorstellungen und Forderungen des Auftraggebers. Der BGH hat in dieser Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung den Architekten auch die Beratungspflicht trifft, den Bauherrn über die Genehmigungsfähigkeit des gewünschten Bauvorhabens vollständig und richtig zu informieren.

Praxistipp:

Die Entscheidung des BGH macht deutlich, dass der Architekt nicht erst im Rahmen der Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4) haftet. Schon bei Beginn der Tätigkeit im Rahmen der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) sieht sich der Architekt umfassenden Schadenersatzansprüchen ausgesetzt, wenn er die Wünsche und Ziele des Bauherrn nicht abfragt und ihn daher über die Genehmigungsfähigkeit des gewünschten Bauvorhabens nicht vollständig und richtig informiert. Schon die Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) ist haftungsträchtig!

Rechtsanwalt Dr. Stefan Taube, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht