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BGH kippt Selbsteintrittsklausel in Architektenverträgen

Der BGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass der Architekt und der Bauunternehmer für einen Mangel, der zum einen auf einer fehlerhaften Planung oder unzureichenden Aufsicht des Architekten beruht und zum anderen auf einem Ausführungsfehler des Unternehmers dem Bauherrn gegenüber als Gesamtschuldner haften.

Zum Leidwesen der Architekten und deren Haftpflichtversicherer nehmen Bauherren zunehmend primär den Architekten in Anspruch, da dieser von vornherein auf Schadensersatz in Geld haftet und zum anderen in der Regel über eine Vermögenshaftpflichtversicherung verfügt, wodurch den Bauherren das Risiko erspart bleibt, seine Forderung wegen unzulänglicher Bonität seines Schuldners nicht durchsetzen zu können.

Abgesehen von Ausnahmefällen lässt der BGH diese primäre Inanspruchnahme des Architekten auch in den Fällen zu, in denen der Architekt – vielfach gemeinsam mit dem mithaftenden Unternehmer – eine Nacherfüllung anbietet. Um dem entgegenzuwirken, findet sich in zahlreichen Architekten-Musterverträgen eine Regelung folgenden Inhalts:

Wird der Architekt wegen eines Schadens am Bauwerk auf Schadensersatz in Geld in Anspruch genommen, kann er vom Bauherrn verlangen, dass ihm die Beseitigung des Schadens übertragen wird.“

Auf der Grundlage dieser Vertragsregelung hatten das LG Osnabrück und das OLG Oldenburg dem Bauherrn einen direkten Schadensersatzanspruch gegenüber dem Architekten versagt. Der BGH hat mit Urteil vom 16.02.2017 diese Urteile aufgehoben und die Vertragsklausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB für unwirksam erklärt. Begründet wird dies zum einen damit, dass bei Anwendung dieser Klausel dem Bauherren die Option genommen wird, zwischen den ihm zustehenden Rechten auf Nacherfüllung oder Schadensersatz zu wählen; bei Anwendung dieser Klausel müsse er sich eine Nacherfüllung aufzwingen lassen. Zum anderen werde ihm das Recht beschnitten, den zur Beseitigung der Mängel zu beauftragenden Unternehmer selbst auszuwählen.

Auf der Grundlage dieser Entscheidung wird sich daher zukünftig eine Mängelbeseitigung im Wege des Selbsteintritts des Architekten nicht (mehr) durchsetzen lassen.

Unser Praxistipp

Der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Architekt sollte – wenn sich die Möglichkeit ergibt – trotz dieser Entscheidung dem Bauherrn eine konkrete, sach- und fachgerechte Nacherfüllung anbieten, und zwar bevorzugt durch den mithaftenden Unternehmer, solange diesem noch sein eigenes Nacherfüllungsrecht zusteht. Wenn dieses Angebot geeignet ist, dem Bauherrn ein vertragsgemäßes, sach- und fachgerechtes Gewerk zu verschaffen, besteht jedenfalls die Möglichkeit, dass die Ablehnung dieses Angebots als Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gegen Treu und Glauben verstößt mit der Folge, dass die Haftung des Architekten auf denjenigen Betrag beschränkt ist, den die angebotene Nacherfüllung erfordert hätte.

Rechtsanwalt Werner Dupuis, Bonn, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht