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BGH: Keine Mängelrechte bei „Ohne-Rechnung-Abrede“

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 1. August 2013 (VII ZR 6/13) entschieden, dass bei einer „Ohne-Rechnung-Abrede“ grundsätzlich keine Mängelansprüche des Auftraggebers gegen den Unternehmer bestehen.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Handwerker die Grundstücksauffahrt seiner Auftraggeberin neu gepflastert. Hierfür war ein Werklohn von 1.800,00 € vereinbart worden, der bar ohne Rechnung und ohne Abführung von Umsatzsteuer gezahlt werden sollte. Nach Ausführung der Arbeiten traten Mängel auf. Nacharbeiten des Handwerkers hatten keinen Erfolg. Schlussendlich verklagte die Auftraggeberin den Handwerker auf Vorschuss für voraussichtliche Mängelbeseitigungskosten in Höhe von rund 6.000,00 €.

Nachdem die Klage in I. Instanz zunächst Erfolg gehabt hatte, wurde sie durch das Berufungsgericht abgewiesen. Die Revision der Auftraggeberin beim Bundesgerichtshof blieb erfolglos. Zur Begründung hat der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs angeführt, der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag sei wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nichtig. Deshalb bestünden auch keine Mängelansprüche.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führte die sog. „Ohne-Rechnung-Abrede“ nicht ohne Weiteres zur Nichtigkeit des gesamten Werkvertrages. Vor allem aber hat der Bundesgerichtshof bislang die Auffassung vertreten, dass ein Auftragnehmer, der Leistungen mangelhaft erbracht hat, sich zur Abwehr von Mängel- oder Schadensersatzansprüchen des Auftraggebers nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) regelmäßig nicht darauf berufen kann, dass die Gesetzeswidrigkeit der „Ohne-Rechnung-Abrede“ zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt.

Dies hat sich jetzt geändert. Hintergrund für diese Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war eine Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, nach der seit einiger Zeit auch die Erbringung oder Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen zur Schwarzarbeit zählt, wenn dabei von einem Steuerpflichtigen eine steuerliche Pflicht nicht erfüllt wird. In der Entlohnung eines selbständigen Handwerkers ohne Rechnungsstellung liegt aber regelmäßig ein Verstoß gegen steuerliche Pflichten.

Nach dem Urteil vom 1. August 2013 wird man es künftig auch nicht mehr ohne Weiteres als treuwidrig ansehen können, wenn sich ein Unternehmer gegenüber Mängelansprüchen des Bestellers auf die Nichtigkeit des Vertrages beruft. Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt, dass die im öffentlichen Interesse und zum Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs angeordnete Nichtigkeit eines Vertrages allenfalls in ganz engen Grenzen unter Hinweis auf Treu und Glauben überwunden werden kann. Hierfür reicht es nach dem Urteil vom 1. August 2013 nicht aus, dass sich der Unternehmer widersprüchlich verhält, wenn er bei einem Bauvertrag die von ihm geschuldeten Bauleistungen erbringt und er sich bei der Inanspruchnahme wegen Mängeln anschließend auf die Nichtigkeit des Bauvertrages beruft.

Umgekehrt bedeutet die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. August 2013 allerdings für Handwerker und Bauunternehmer, dass sie bei einer „Ohne-Rechnung-Abrede“ auch keinen vertraglichen Vergütungsanspruch mehr durchsetzen können, da der Vertrag insgesamt nichtig ist.

Ggf. kann der Unternehmer noch einen sog. Bereicherungsanspruch (§ 812 BGB) gegen seinen Auftraggeber geltend machen. Dieser Bereicherungsanspruch richtet sich aber nur auf Ersatz des Wertes, der dem Auftraggeber zugeflossen ist. Dieser ist aber schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z.B. Urteil v. 31. Mai 1990 – VII ZR 336/89 -) regelmäßig niedriger anzusetzen, als eine Vergütungsforderung. Insbesondere ist stark wertmindernd zu berücksichtigen, dass vertragliche Gewährleistungsansprüche wegen Nichtigkeit des Vertrages von vornherein nicht gegeben sind. Haben sich schon Mängel gezeigt, so sind diese noch darüber hinaus in die Bewertung einzubeziehen.

Für den Unternehmer besteht bei einer „Ohne-Rechnung-Abrede“ also jedenfalls das Risiko, dass er, wenn überhaupt, nur einen geringen Teil der ihm eigentlich zustehenden Vergütungsforderung gegen seinen Auftraggeber durchsetzen kann.

Praxistipp

Sowohl Auftraggebern als auch Unternehmern kann nur empfohlen werden, sich auf eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ nicht einzulassen. Dies gilt nicht nur im Interesse des Steuerzahlers, sondern auch im wohlverstandenen Interesse beider Vertragsparteien.

Rechtsanwalt Alfred Hennemann, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht