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Bedenkenhinweise müssen nachweisbar sein

Immer wieder kommt es während der Ausführung von Bauarbeiten dazu, dass der Auftraggeber von dem Bauunternehmen die Ausführung von Arbeiten verlangen, die zu Mängeln führen müssen.

Dies kann daran liegen, dass die Vorgewerke, die Art und Weise der Ausführung oder die Ausführungsbedingungen (insbesondere Witterungsbedingungen) so, wie sie verlangt werden, dazu führen, dass die Arbeiten selbst unbrauchbar bzw. mangelhaft sind.

Das Oberlandesgericht Hamburg hat mit Urteil vom 27.04.2016 – 11 U 179/09, ebenso wie das Oberlandesgericht Schleswig mit Urteil vom 18.07.2018 – 12 U 8/18, zuletzt zu dem immer wieder streitigen Thema entschieden, ob ein mündlich geäußerter Bedenkenhinweis ausreichend ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass in dem vom Oberlandesgericht Schleswig entschiedenen Fall die Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B vereinbart worden ist.

Das Oberlandesgericht Schleswig entschied, dass beim VOB/B-Vertrag grundsätzlich auch mündlich geäußerte Bedenken ausreichen, um den Auftragnehmer aus seiner Haftung für die Mängel zu entbinden. Der Auftragnehmer muss dem Auftraggeber aber in diesem Zusammenhang nachweisen, dass er die entsprechenden Bedenken auch tatsächlich geäußert hat. In dem vom Oberlandesgericht Schleswig entschiedenen Fall sah die vom Architekten erstellte Planung vor, dass keine Unterspannbahnen oder andere regensichernde Maßnahmen durchgeführt werden. Der Dachdecker machte in dem VOB/B-Vertrag den Auftraggeber darauf aufmerksam (nur mündlich), dass bei Verzicht auf eine Unterspannbahn bei bestimmten Wetterlagen Flugschnee in den Dachraum eindringen und zu Schäden führen kann. Tatsächlich drang dann auch nach der Abnahme im Winter Flugschnee ein und verursachte Schäden. Der Unternehmer konnte nachweisen, dass er die Bedenken geäußert hatte. Der Vorwurf des Auftraggebers ihm gegenüber, dass er im Detail hätte darauf hinweisen müssen, was alles nicht ordnungsgemäß ist und dazu auch die entsprechenden Normen hätte nennen müssen, damit ein ordnungsgemäßer Hinweis erfolgt wäre, hat nicht verfangen. Diese Argumentation hat das Oberlandesgericht Schleswig nicht gelten lassen. Nach dem Oberlandesgericht Schleswig ist es ausreichend, wenn die Äußerung, mit der die Bedenken erklärt werden, dem Auftraggeber solche Kenntnisse verschafft, dass er die Tragweite der Nichtbefolgung des Hinweises zu erkennen vermag.

In dem vom Oberlandesgericht Hamburg entschiedenen Fall waren die Bedenken zwar schriftlich erfolgt, jedoch hatte der Auftraggeber nach den angemeldeten Bedenken einen Sonderfachmann eingeschaltet und sich aufgrund dessen Empfehlung über die Bedenken des Auftragnehmers hinweggesetzt. Der Vorwurf in diesem Fall war der, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer vorwarf, sich nach Einschaltung des Sonderfachmanns nicht noch einmal mit Bedenken an den Auftraggeber gewandt zu haben, um diesen vor Schaden zu bewahren.

Beide Fälle zeigen, dass nicht leichtfertig mit Leistungsverzeichnissen umgegangen werden darf, die seitens der Architekten des Auftraggebers/Planer des Auftraggebers zur Verfügung gestellt werden. Es sollten immer, wenn entsprechende Schäden drohen, anerkannte Regeln der Technik oder geltende Normen nicht eingehalten werden, auch entsprechende Bedenkenhinweise erfolgen.

Unser Praxistipp

Werden Bedenken nur mündlich geäußert, muss die Äußerung so präzise und so umfassend sein, dass der Auftraggeber aus ihr erkennen kann, welche Schäden ihm drohen.

Nachdem die mündlichen Bedenken geäußert worden sind, ist mindestens ein Aktenvermerk zu fertigen, der Datum und Uhrzeit wiedergibt und dokumentiert, wann wem gegenüber wo und unter welchen Umständen die Bedenken geäußert wurden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Bedenken nicht von dem Geschäftsführer oder dem Einzelunternehmer geäußert werden, da dieser in einem Prozessverfahren kein Zeuge sein kann. Die Bedenken müssen von Personen, wenn sie mündlich geäußert werden, erfolgen, die auch in einem späteren Prozessverfahren Zeuge sein können.

Die Bedenken sind selbstverständlich immer an den Auftraggeber und nicht nur an irgendwelche Dritte zu richten.

Wir empfehlen, Bedenken immer schriftlich mitzuteilen und am besten mittels Einwurf-Einschreiben oder Fax mit Sendebestätigung bzw. E-Mail mit Lesebestätigung zu dokumentieren, wann und wo die Bedenken geäußert wurden.

Rechtsanwalt Michael Brückner, Mechernich, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht