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Bauträger kann Verwalter nicht für Abnahme bevollmächtigen

Wie soll das Gemeinschaftseigentum einer neu errichteten Wohnungseigentumsanlage abgenommen werden? Wer soll die erforderlichen Erklärungen abgeben und die notwendigen Untersuchungen und Begehungen veranlassen?

Rechtsdogmatisch ist die Antwort so klar wie sie unpraktisch ist: Der Bauträgervertrag hat eine kaufrechtliche Komponente, die den Bauträger zur Übertragung des Eigentums an der Wohnung verpflichtet, und eine werkvertragliche, durch die er zur fachgerechten und mangelfreien Herstellung des Bauwerkes verpflichtet ist. Deshalb schuldet der Bauträger jedem einzelnen Wohnungserwerber die mangelfreie Herstellung auch des Gemeinschaftseigentums und damit braucht der Bauträger eigentlich von jedem einzelnen Erwerber eine Abnahmeerklärung nicht nur hinsichtlich der auf das Sondereigentum bezogenen Bauleistungen, sondern auch für das Gemeinschaftseigentum.

Das ist mühselig und letztlich auch nicht im Interesse der Erwerber. Jedenfalls bei größeren Wohnanlagen ist es üblich, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen Sachverständigen begleiten und vorbereiten zu lassen. Soll jetzt jeder Eigentümer einen eigenen Sachverständigen beschäftigen und sich im Detail mit dem Gemeinschaftseigentum befassen müssen? Als praktische Lösung ist daher in Bauträgerverträgen eine Klausel verbreitet, wonach der Verwalter der Eigentümergemeinschaft bevollmächtigt wird, mit Wirkung für alle Erwerber die Bauleistung für das Gemeinschaftseigentum abzunehmen.

Allerdings hat der Bauträger die Möglichkeit, den ersten Verwalter bereits in der Teilungserklärung zu bestellen. Es kommt nicht selten vor, dass der Bauträger einen Erstverwalter bestellt, der ihm wirtschaftlich oder rechtlich oder aus guten Geschäftsbeziehungen verbunden ist. Das begründet im Hinblick auf die Abnahme für die Erwerber die Gefahr, dass ein solcher Verwalter die Voraussetzungen der Abnahmefähigkeit de Gemeinschaftseigentums nicht neutral prüft, sondern zugunsten des Bauträgers unsachgemäßem Einfluss auf die Entscheidung über die Abnahme ausübt oder selbst gegen die Interessen der Erwerber entscheidet.

Aus diesem Grund ist nach Auffassung des BGH (Beschluss vom12.09.2013 – VII ZR 308/12 – ) eine Klausel in Bauträgerverträgen unwirksam, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen mit dem Bauträger wirtschaftlich oder rechtlich verbundenen Erstverwalter ermöglicht. Es handelt sich nämlich bei solchen Klauseln immer um Allgemeine Geschäftsbedingungen, denn sie funktionieren nur, wenn der Bauträger sie mit allen Erwerbern vereinbart. Dann aber benachteiligen sie die Erwerber unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Das macht solche Vertragsbestimmungen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Diese Unwirksamkeit ist nicht davon abhängig, dass der Verwalter parteiisch zugunsten des Bauträgers vorgeht – schon die Gefahr einer solchen Kollusion macht die Klausel nichtig.

Praxistipp

Nichts spricht dagegen, einen gewissenhaften und neutral agierenden Verwalter mit der Abnahme zu bevollmächtigen – allerdings erst, wenn die Erwerber sich davon überzeugt haben, dass er tatsächlich so handelt.

Rechtsanwalt Dr. Torsten Arp, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht