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Verjährungshemmung schon durch Besichtigung eines angezeigten Mangels

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer Entscheidung vom 26.10.2006 – VII ZR 194/05 – die Schwelle für verjährungshemmende Verhandlungen zwischen den Parteien im Sinne des § 203 Satz 1 BGB weiter gesenkt. Nach dieser Vorschrift ist die Verjährung gehemmt, so lange zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder über die den Anspruch begründenden Umstände schweben; gem. § 203 Satz 2 BGB bewirken die Verhandlungen eine Hemmung von mindestens drei Monaten.

In der angesprochenen Entscheidung hatte die Verjährungsfrist für Mängel an der Architektenleistung am 06.03.1998 begonnen. Kurz vor Ablauf der 5 jährigen Verjährung am 06.03.2003 zeigten die Bauherren Schäden am Fußboden des Hauses an und zwar mit Schreiben vom 16.01.2003; sie machten gegenüber dem Architekten Schadensersatz geltend und sprachen die Möglichkeit eines selbständigen Beweisverfahrens an. Nach telefonischer Voranmeldung besichtigte der Architekt neun Tage später, also am 25.01.2003, den Schaden und riet zu einer Untersuchung der vermeintlichen Mängel durch einen Sachverständigen. Die Bauherren leiteten daraufhin am 29.03.2003 ein selbständiges Beweisverfahren ein.

Die Vorinstanzen haben die Klage der Bauherren auf Schadensersatz wegen des Eintritts der Verjährung abgewiesen; die Revision zum BGH führte zur Aufhebung dieser Entscheidungen. Der BGH hat dies damit begründet, dass die Verjährung schon dann gehemmt werde,

wenn sich der Unternehmer im Einverständnis mit dem Besteller der Prüfung des Vorhandenseins eines Mangels oder seiner Beseitigung unterzieht. Die Hemmung setzt voraus, dass der Unternehmer bei dem Besteller den Eindruck erweckt, er werde den Mangel prüfen bzw. sich um ihn kümmern, und der Besteller hiermit einverstanden ist.“

In diesem Sinne hat der BGH die telefonische Vereinbarung eines Besichtigungstermins durch den in Anspruch genommenen Architekten bereits als ein Verhalten gewürdigt, das die Bauherren dahingehend verstehen durften, dass sich der Architekt auf Erörterungen über die Berechtigung des Schadensersatzanspruchs einlasse. Damit sei eine Hemmung der Verjährung eingetreten.

Unser Praxistipp

Diese bauherrenfreundliche Entscheidung des BGH birgt für Architekten/Bauunternehmer erhebliche Risiken. Praktisch ist es kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist für den Architekten/Unternehmer kaum noch möglich, sich „verjährungsneutral“ zu vergewissern, ob ein angezeigter Mangel denn tatsächlich in seinen Verantwortungsbereich fallen könnte. Wenn schon die Vereinbarung eines Besichtigungstermins zur Verjährungshemmung führt, bleibt dem Unternehmer nur die Wahl, entweder gar nicht zu reagieren oder nachweisbar schon bei Vereinbarung des Besichtigungstermins deutlich zu machen, dass er eine Einstandspflicht für den geltend gemachten Mangel ablehne. Letzteres dürfte in der Praxis kaum möglich sein!

Rechtsanwalt Werner Dupuis, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht