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Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigungskosten

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat sich zuletzt mit der Frage nach Aufhebung seiner Ursprungsentscheidung durch den Bundesgerichtshof erneut mit der Frage zu befassen gehabt, wann dem Auftragnehmer das Recht zusteht, die Mangelbeseitigung zu verweigern.

In der Ausgangsentscheidung befand das Oberlandesgericht Oldenburg, dass es unverhältnismäßig ist, wenn 44.000,00 EUR Mangelbeseitigungskosten aufgewandt werden, um ein jährliches Einsparen von 50,00 EUR an Energie aufgrund mangelhaft gedämmter Leitungen zu erreichen. Der Bundesgerichtshof hatte aber das erste OLG-Urteil seinerzeit aufgehoben, weil er zu dem Ergebnis kam, dass der Auftraggeberin nicht zuzumuten war, dass Risiko einer angeblichen Salmonellenbildung bezogen auf mangelhaft verlegte Warmwasserrohre und Kaltwasserrohre zu tragen.

Ein Handwerksbetrieb hatte Installationsarbeiten in einem Neubau auszuführen. Dabei dämmte der Installationsbetrieb die Warmwasserrohre statt mit der erforderlichen Mindestdicke von 2 cm nur mit einer Stärke von 1,3 cm. Entgegen den anerkannten Regeln der Technik wurden die Kaltwasserleitungen unmittelbar neben den Warmwasserleitungen ohne Dämmung und ohne Schutz gegen Tauwasserbildung verlegt. Die Mangelbeseitigung sollte einen Betrag von 44.000,00 EUR kosten. In seiner Ursprungsentscheidung hat das Oberlandesgericht der Auftraggeberin nur 1.000,00 EUR für den technischen Minderwert zugesprochen und im Übrigen die Mangelbeseitigungskosten als unverhältnismäßig angesehen. Der Bundesgerichtshof hob am 11.10.2012 das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg auf und verwies zurück, da die Auftraggeberin geltend machte, dass aufgrund der vorgenannten Umstände eine Salmonellenbildung zu befürchten ist.

Der BGH wies in seiner Entscheidung vom 11.10.2012, Az. VII ZR 180/11 darauf hin, dass das Oberlandesgericht Oldenburg die Mangelbeseitigungskosten nicht als unverhältnismäßig ansehen dürfte, wenn sich Salmonellen aufgrund der vorgenannten Umstände in den Rohrleitungen bilden können. Nach Zurückverweisung wurde nun aufgeklärt, ob tatsächlich eine Salmonellenbildung zu befürchten sei. Nachdem schließlich geklärt war, dass die Salmonellenbildung auszuschließen ist, blieb es dabei, dass das Oberlandesgericht der Auftraggeberin nur einen technischen Minderwert und einen zusätzlichen merkantilen Minderwert von wenigen tausend Euro zusprach.

Nach § 251 Abs. 2 S. 1, § 635 Abs. 3 BGB kann also die Nacherfüllung verweigert werden, wenn sich unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ergibt, dass die Mangelbeseitigung unverhältnismäßig ist.

Unser Praxistipp

  • Dem Auftraggeber ist unter Berücksichtigung der BGH-Entscheidung und der OLG-Entscheidungen zu raten, vor der gerichtlichen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen oder Ansprüchen auf Kostenvorschuss zur Durchführung der Mangelbeseitigungsarbeiten genau zu prüfen oder prüfen zu lassen, wie die damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen in Relation zu den Nachteilen stehen, die vorhanden sind, wenn der Mangel nicht beseitigt wird.
  • Nur wenn sich insbesondere durch die Einholung von Gutachten ergibt, dass gravierende, funktionelle Einschränkungen gegeben sind oder gesundheitliche Gefahren drohen, sollte auf Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung geklagt werden, obschon beispielsweise die nicht fachgerechte Dämmung einer Warmwasserleitung lediglich zu einem höheren Energieverbrauch von ca. 50,00 EUR pro Jahr führt.

Rechtsanwalt Michael Brückner, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht