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Unberechtigte Mängelrüge – Wer zahlt die Kosten der Untersuchung?

Die Situation: Nach der Abnahme eines Bauwerks wird an einer Kelleraußenwand im Bereich eines dort außen verlaufenden Regenfallrohrs eine feuchte Stelle entdeckt.

In der Annahme, eine Undichtigkeit im Bereich des Fallrohrs bzw. der sich anschließenden Grundleitungen sei für die Feuchtigkeitserscheinung ursächlich fordert der Bauleiter des Generalunternehmers den für die Leitungsverlegung zuständigen Subunternehmer zur Mängelbeseitigung auf. Nachdem eine Untersuchung vor Ort kein Ergebnis gebracht hat, veranlasst der Subunternehmer eine Kamerabefahrung der Grundleitungen, um einen etwaigen Rückstau ausschließen zu können. Die Untersuchung ergibt keinerlei Störungen im Bereich des Leitungssystems. Wie sich später herausstellt, lag die Ursache für die Feuchtigkeitserscheinung ganz woanders.

Der Subunternehmer verlangt nun von seinem vormaligen Auftraggeber die ihm durch die Überprüfung seines Gewerks entstandenen Kosten in Form von Lohnaufwand für seine Mitarbeiter und Fremdkosten für die Kamerabefahrung. Mit Erfolg?

Eine eindeutige Antwort auf diese Problematik liefern weder die einschlägigen Gesetze und Verordnungen, noch die hierzu verfassten Kommentare und auch nicht die vereinzelt hierzu ergangene Rechtsprechung. Allerdings kann und sollte von folgenden Grundsätzen ausgegangen werden:

  1. Die Überprüfung des eigenen Gewerks im Hinblick auf eine erhobene Mängelrüge ist eine ureigenste Angelegenheit des Unternehmers, der sich nämlich Gewissheit verschaffen möchte, ob er nachbessern muss oder nicht. Unterlässt er diese Untersuchung, zu der nicht verpflichtet ist (!), läuft er Gefahr, dass er mit wesentlich höheren Kosten belastet wird, wenn die Ursachenforschung durch einen Sachverständigen und die Nachbesserung durch einen Fremdunternehmer erledigt wird. Im Grundsatz ist daher davon auszugehen, dass die Kosten der Ursachenforschung für einen aufgetretenen Mangel den in Anspruch genommenen Unternehmer treffen, wenn nicht ein Fall der willkürlichen Inanspruchnahme vorliegt (so auch das Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 18.12.1998 – 22 U 148/98 -).
  2. Anders zu beurteilen ist die Situation, wenn der in Anspruch genommene Unternehmer die Untersuchung seines Gewerks von der Erteilung eines entgeltlichen Auftrags abhängig macht, was schlüssig auch dadurch geschehen kann, dass er seine Verantwortlichkeit leugnet und sich vorbehält, Kosten geltend zu machen, wenn die Untersuchung der Ursachen für den Mangel tatsächlich keinen ihm anzulastenden Fehler ergibt. In diesem Falle treffen die Kosten den Auftraggeber. (so im Ergebnis das Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 08.05.2202 – 7 U 47/00-)
  3. Kritisch zu würdigen ist die Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 05.03.1992 – 308 S 209/91 -, wonach die unberechtigte Inanspruchnahme eines Unternehmers auf Gewährleistung stets Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht auslösen soll. Diese Entscheidung verkennt, dass der in Anspruch genommene Unternehmer frei entscheiden kann, ob er sein Gewerk einer Untersuchung unterzieht oder nicht. Tut er dies, um den oben unter Ziffer 1. beschriebenen Regress zu vermeiden, handelt er im eigenen Interesse und kann sich anschließend nicht darauf berufen, zu Unrecht in Anspruch genommen worden zu sein. Die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht durch den Auftraggeber dürfte erst dann anzunehmen sein, wenn – wie unter Ziffer 1. beschrieben – die Inanspruchnahme willkürlich erfolgte.

Unser Praxistipp

Klären Sie vor Beginn der Maßnahmen zur Untersuchung der Mangelursache die Frage der Kostentragung mit Ihrem Vertragspartner. Treffen sie klare Absprachen und dokumentieren Sie diese in schriftlicher Form, um Streitigkeiten der vorbeschriebenen Art zu vermeiden.

Rechtsanwalt Werner Dupuis, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht