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Mindestsätze der HOAI 2013 sind wirksam – Endlich Klarheit

Für die Frage der Verbindlichkeit der Mindestsätze bei der Honorarabrechnung des Planers hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 02.06.2022 (VII ZR 174/19) eine abschließende Entscheidung getroffen und damit Rechtssicherheit geschaffen.

Vorangegangen war der vom EuGH durch Urteil vom 04.07.2019 (C-377/17) festgestellte Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen die europäische Dienstleistungsrichtlinie. Sodann entbrannte der Meinungsstreit, ob und welche Auswirkungen diese Entscheidung auf laufende Gerichtsverfahren hat, also ob § 7 HOAI anzuwenden ist oder nicht.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (VII ZR 174/19) hat daraufhin mit Beschluss vom 14.05.2020 dem EuGH in einem Vorabentscheidungsersuchen mehrere Fragen zur Unionsrechtswidrigkeit des zwingenden Preisrechts der HOAI 2013 vorgelegt. Der EuGH hat dann durch Urteil vom 18.01.2022 (C-261/20 – Thelen Technopark Berlin) entschieden, dass das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht bei Rechtstreitigkeiten von Privatpersonen gleichwohl die nationale Regelung betreffend die Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren anwenden kann. Die unterlegene Partei wurde damit auf die Möglichkeit verwiesen, bei der Bundesrepublik Deutschland Ersatz des ihr aus dem Unionsverstoß entstandenen Schadens zu verlangen.

In dem nun vom BGH entschiedenen Fall hatte der Planer mit dem Auftraggeber – wie in der Praxis häufig – ein Pauschalhonorar vereinbart, das unterhalb der Mindestsätze lag. Der Planer begehrte mit seiner Aufstockungsklage weitergehendes Honorar auf Grundlage seiner Mindestsatzabrechnung. Die Vorinstanzen haben dieser Aufstockungsklage des Planers stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten hat der BGH nun im Juni 2022 (aaO.) zurückgewiesen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass nationales Recht und damit § 7 HOAI solange gelte, wie nicht der Gesetzgeber tätig werde und vor allem verbiete sich eine richtlinienkonforme Auslegung.

Unser Praxistipp

Für Verträge, die dem Anwendungsbereich der HOAI 2013 unterliegen, hat die Entscheidung des BGH endlich Klarheit geschaffen. Grundsätzlich können die Planer daher Honorar nachfordern, sollten sie ein Honorar unterhalb der Mindestsätze vereinbart haben.

Für Verträge, die dem Anwendungsbereich der HOAI 2020 unterliegen, stellt sich die Frage nicht mehr in dieser Form. Denn der Gesetzgeber hat seinen Verstoß gegen die Dienstleistungsrichtlinie mit der Maßgabe korrigiert, dass Honorare frei und damit auch unterhalb der Mindestsätze vereinbart werden können – § 7 Abs. 1 HOAI 2021 erfordert lediglich „Textform“. Zu beachten ist bei der Vertragsgestaltung noch die Hinweispflicht an den Verbraucher in § 7 Abs. 2 HOAI 2021.

Rechtsanwalt Dr. Stefan Taube, Bonn, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht