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Keine konkludente Abnahme des Werkes trotz Nutzung bei vorangegangener Abnahmeverweigerung

Trotz Nutzung und Ingebrauchnahme fehlt es an einer Abnahme der Werkleistung, wenn bereits in der Bauphase fortlaufend Mängel gerügt wurden.

In einem vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall waren bereits während der Ausführung der Werkleistung Mangelrügen durch den Auftraggeber ausgesprochen worden. Eine förmliche Abnahme war zwar vereinbart, fand aber nicht statt. Jedoch wurde das Werk in Gebrauch genommen, weil die Werkleistung in der Neubeschichtung des Bodens eines Parkdecks bestand und die Fahrzeuge jedenfalls vorübergehend zeitweise das Parkdeck nutzen mussten.

Der vom Gericht hinzugezogene Sachverständige bestätigte die zahlreichen Mängel. Bis zur Auftragsentziehung erfolgten zwar noch Nachbesserungsarbeiten, diese waren aber letzten Endes nicht erfolgreich.

Das Gericht verdeutlichte mit seiner Entscheidung nochmals, dass eine fiktive Abnahme nach § 12 Nr. 5 VOB/B durch Ingebrauchnahme dann nicht in Betracht kommt, wenn der Auftraggeber die Abnahme zuvor abgelehnt hat. Zudem ergibt sich aus der Entscheidung, dass die Abnahme ausgeschlossen sein kann, wenn die Werkleistung erkennbar grobe Mängel aufweist oder die Benutzung lediglich aus der Zwangslage, in der sich der Auftraggeber sieht, heraus erfolgt. Auch das Argument, dass Abschlagszahlungen erfolgt sind, half dem Unternehmer nicht weiter. Denn das Gericht erklärte, dass, wie gemeinhin auch anerkannt, Abschlagszahlungen für sich genommen nichts darüber aussagen, ob das Werk im Wesentlichen vertragsgerecht hergestellt wurde.

Unser Praxistipp

Liegen wesentliche Mängel vor und ist der Auftraggeber aus einer Zwangslage heraus dazu genötigt, das Werk in Gebrauch zu nehmen, sollte er vor Ingebrauchnahme ausdrücklich die Abnahme verweigern und auf die bestehenden Mängel hinweisen.

Der Auftraggeber sollte während der Bauphase auffallende erhebliche Mängel rügen, da diese Mangelrügen später dazu führen können, nach Ingebrauchnahme dem Auftragnehmer entgegenzuhalten, dass die Werkleistung aufgrund der Mangelrügen nicht abgenommen ist.

Der Auftraggeber sollte hierbei dokumentieren, weshalb er zur Ingebrauchnahme der mangelhaften Werkleistung gezwungen war.

Rechtsanwalt Michael Brückner, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht