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Kündigungsklausel der VOB/B bei Insolvenz wirksam

Die in § 8 VOB/B enthaltene Möglichkeit der Kündigung bei Insolvenz des Unternehmers ist wirksam. Die Wirksamkeit der Vorschrift war in Literatur und Rechtsprechung höchst umstritten. Jetzt hat der BGH gesprochen.

Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Grundsatzentscheidung im April 2016 mit der in der VOB/B vorhandenen Kündigungsmöglichkeit des Bauherrn im Falle der Insolvenz des Unternehmers befasst. Nach Auffassung des BGH verstößt die Regelung weder gegen § 307 I BGB noch gegen § 134 BGB i. V. m. § 119 InsO. Dem lag folgender Fall zugrunde:

Der Unternehmer, eine GmbH, hatte im April die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt. Daraufhin kündigte der Bauherr den Vertrag aus wichtigem Grunde. Der Unternehmer stellte daraufhin seine Arbeiten ein. Der Bauherr beauftragte ein Drittunternehmen mit der Fortführung der Bauarbeiten. Im Juni 2016 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Fertigstellungsmehrkosten betrugen ca. 380.000 €. Da das Unternehmen bei Auftragserteilung eine Vertragserfüllungsbürgschaft über 166.000 € zur Verfügung gestellt hatte, verlangte der Bauherr vom Bürgen diesen Betrag.

Der Bürge erhob drei Einwände, die der BGH alle im Ergebnis verwarf:

  • Das Kündigungsrecht der VOB/B verstoße gegen § 134 BGB i. V. m. § 119 InsO, weil hierdurch das Wahlrecht des Insolvenzverwalter, die Erfüllung des Vertrages zu wählen ausgeschlossen würde. Nach Ansicht des BGH hat der Bauherr ein schwerwiegendes Interesse daran, die Kündigung auszusprechen, weil durch den sonst möglichen Stillstand der Baustelle bis zur Entscheidung des Insolvenzverwalters erhebliche Vermögenswerte verloren gehen können. Zudem geht durch den Eigeninsolvenzantrag auch das nötige Vertrauen in die vertragsgemäße Erfüllung verloren.
  • Das Kündigungsrecht verstößt auch nicht gegen § 307 BGB, weil die Vorschrift mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar ist und diese den Unternehmer auch nicht unangemessen benachteiligt. Das für eine Kündigung aus wichtigem Grund erforderliche Verschulden des Unternehmers liegt in einem Verstoß gegen die Verpflichtung, den Vertragszweck nicht zu gefährden.
  • Auch die Sicherungsabrede in der Vertragserfüllungsbürgschaft ist wirksam. Insbesondere weicht diese Abrede nicht vom gesetzlichen Leitbild des § 632a III 1 BGB ab. Hiernach kann der Besteller, wenn er Verbraucher ist, ein 5 %-ige Bürgschaft verlangen. Dies schließt aber eine höhere Bürgschaft nicht aus.

Die Entscheidung erhöht die Rechtssicherheit für den Bauherrn deutlich.

Franz M. Große-Wilde, Bonn, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht