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Bauvertrag in der Insolvenz des Auftragnehmers – Wahlrecht bei Kündigung nach § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B

Ist die VOB/B vereinbart, so kann der Auftraggeber den Vertrag mit dem Auftragnehmer nach § 8 Nr. 2 Abs. 2 VOB/B kündigen, wenn ein vorläufiges Insolvenzverfahren angeordnet oder bereits das Insolvenzverfahren selbst eröffnet wurde.

Für diesen Fall kann es Sinn machen, dass der Auftraggeber sich bei der Bestandsaufnahme darüber klar wird, ob Baustoffe, die sich bereits auf der Baustelle befinden und dem insolventen Auftragnehmer zuzuordnen sind, noch weiterverwendet werden sollen oder nicht. Für den Fall, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Weiterverwendung insbesondere von Geräten, Gerüsten und anderen auf der Baustelle vorhandenen Einrichtungen für sinnvoll hält, die in das Vermögen des zahlungsunfähig gewordenen Auftragnehmers fallen, kann der Auftragnehmer nach § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B vorgehen.

Wenn der Auftraggeber jedoch nach § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B die weitere Nutzung von Geräten, Gerüsten oder anderen auf der Baustelle vorhandenen Einrichtungen sowie die angelieferten Stoffe und Bauteile wünscht, geschieht dies allerdings ausschließlich gegen eine angemessene Vergütung.

An dieser Stelle ist nun Vorsicht geboten, da vielfach vom Auftraggeber als „angemessene Vergütung“ der Liquidationswert und damit der Wert der Gegenstände angesetzt wird, den diese bei einer Verwertung durch den Insolvenzverwalter haben würden. Dieser Wertansatz ist jedoch falsch. Vielmehr ist im Einzelfall eine „angemessene Vergütung“ zu ermitteln, die sich an der Marktlage orientiert.

Daneben wird von den Auftraggebern auch vielfach zu Unrecht davon ausgegangen, dass die zu entrichtende Vergütung ohne weiteres mit eigenen Forderungen aufgerechnet werden kann. Eine solche Aufrechnung ist jedoch nur im Einzelfall und unter ganz besonderen Umständen möglich. Dies gilt um so mehr, als durch die Inanspruchnahme der entsprechenden Geräte und Stoffe eine Zahlungsverpflichtung eigener Art gegenüber dem Insolvenzverwalter entstehen kann.

Unser Praxistipp

Wenn bei der Bestandsaufnahme der Baustelle in der Insolvenz des Auftragnehmers für den Auftraggeber in Betracht kommt, dass er gerne Geräte, Gerüste, auf der Baustelle vorhandene andere Einrichtungen und angelieferte Stoffe und Bauteile weiter in Anspruch nehmen will, die dem Auftragnehmer zuzuordnen sind, sollte sich der Auftraggeber vor einer entsprechenden Erklärung nach § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B über die angemessene Vergütung Klarheit verschaffen.

Darüber hinaus ist in diesem Fall auch zu prüfen, ob und gegebenenfalls unter welchen Gesichtspunkten eine Verrechnung mit eigenen Forderungen möglich ist, damit nicht am Ende die Inanspruchnahme der vorhandenen Geräte, Gerüste und anderer, auf der Baustelle vorhandener Einrichtungsgegenstände und angelieferter Stoffe und Bauteile teurer kommt, als die Abräumung derselben durch den Verwerter des Insolvenzverwalters.

Rechtsanwalt Michael Brückner