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Grenzen der Denkmal-Erhaltungspflicht

Der Eigentümer eines denkmalgeschützen Fachwerkhauses aus 1700 beantragt die Genehmigung, dieses abzureißen, weil ihm der weitere Erhalt nicht zugemutet werden könne.

Nach den Feststellungen des VG in 1. Instanz würde eine Sanierung mindestens 310.000 € kosten. Es soll aber wegen vorwerfbarer Nicht-Erhaltung des Denkmals seit Erwerb im Jahre 1980 ein Investitionsrückstau von 118.235 € vorliegen, so dass nur der Differenzbetrag für die Zumutbarkeitsbewertung berücksichtigt werden dürfe. Aus prognostizierten Mieteinnahmen nach Sanierung von 13.393,80 € bei voraussichtlichen Zinslasten für die Kreditierung des Sanierungsaufwandes (ohne den „Investitionsrückstau“) von jährlich rd. 10.889,90 € und geschätzten Bewirtschaftungskosten von 20 % der Mieteinnahmen (2.678,76 €) verbleibe unter Berücksichtigung einer Steuerersparnis von 904,00 € ein jährlicher Überschuss von 729,14 €; damit rentiere sich der Erhalt, so dass der Abriss nicht gestattet werden könne. Hiergegen wendet sich der Eigentümer, der einzelne Grundannahmen der Berechnung in Zweifel zieht, mit seiner Berufung.

Das OVG gibt ihm Recht: In Korrektur der Berechnungsweise des VG kommt es zu dem Ergebnis, dass der Denkmaleigentümer die Erhaltungspflicht aus den aus dem Kulturdenkmal fließenden Einnahmen nicht mehr erfüllen kann, ohne sein sonstiges Vermögen anzugreifen. Daher ist ihm die weitere Erhaltung nicht zuzumuten und die Genehmigung zum Abbruch zu erteilen (OVG Rheinland-Pfalz v. 30.3.2006, 1 A 10178/05). Diese Situation ist dann gegeben, wenn – so die Formulierungen des Gerichts – von dem Denkmal „kein vernünftiger Gebrauch mehr“ gemacht werden kann und sich die Rechtsposition einer Lage nähert, in der sie den Namen „Eigentum“ nicht mehr verdient (OVG Rh.-Pf. v. 25.10.2001, 1 A 11012/01, ESOVG). Tatsächlich stellt das Gericht aber schlicht auf die Frage einer Über- oder Unterdeckung ab.

Interessant ist dabei, dass das OVG den Grundansatz des VG nicht in Zweifel zieht. Es korrigiert lediglich die rechnerischen Einzeldaten der Berechnung und kommt damit zu einer jährlichen Unterdeckung von jedenfalls mehr als 1.000 €. Die Grundannahmen des VG bleiben indessen weiter maßgeblich: Insbesondere wird akzeptiert, dass der auf einen (vorwerfbaren) „Investionsrückstau“ entfallende Finanzierungsaufwand unberücksichtigt bleiben soll; dessen Kosten müssen bei Erhalt des Denkmals wirtschaftlich natürlich mit finanziert werden. Dieser Ansatz bringt ein dem Denkmalrecht eigentlich fremdes Verschuldensmoment in die Betrachtung.

Außerdem mutet es eigentümlich an, die Zumutbarkeitsfrage an der schlichten Tatsache der Über- oder Unterdeckung mit spitzfindigen Berechnungsdetails anzuknüpfen. Offenbar darf bei Denkmälern an einen Eigenkapitalertrag erst gar nicht gedacht werden.

Unser Tipp:

Wenn es um die Frage der Zumutbarkeit geht, ein Denkmal weiter zu erhalten, wird eine sorgfältige Wirtschaftlichkeitsberechnung mit erzielbaren Einnahmen einerseits und anfallenden Kosten einschließlich Finanzierung andererseits angestellt werden müssen, um zu dokumentieren, ob der Erhalt des Denkmals ohne Zuschuss aus eigenem, weiterem Vermögen noch zugemutet werden kann.

Zielgerichtetes „Verkommenlassen“ hilft allerdings nicht, weil daraus resultierende (Mehr-) Kosten wieder herausgerechnet werden.

Rechtsanwalt Dr. Eberhard Baden – Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht